Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein achtjähriger französischer Junge mit Autismus keinen Anspruch auf Leistungen der Schweizer Invalidenversicherung hat. Der nicht verbale Junge, der an einem Spektrum-Autismus und Verhaltensstörungen leidet, verbringt zwar regelmäßig Zeit bei seinem in Genf arbeitenden Vater, doch sein Lebensmittelpunkt befindet sich in Frankreich. Die IV-Stelle Genf hatte bereits 2023 die beantragten medizinischen Maßnahmen und die Hilflosenentschädigung abgelehnt, wurde jedoch vom Genfer Kantonsgericht zunächst zur Leistungsgewährung verpflichtet.
Bei der Beurteilung des Wohnsitzes eines Kindes mit getrennten Elternwohnsitzen kam das Bundesgericht zu einem anderen Schluss als die Vorinstanz. Es berücksichtigte dabei, dass der Junge in Frankreich die Schule besucht, mehr Nächte in Frankreich als in der Schweiz verbringt und dort in einer größeren Wohnung mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder lebt. Der Vater hingegen bewohnte zum entscheidenden Zeitpunkt nur eine kleine 1,5-Zimmer-Wohnung in Genf und arbeitete Vollzeit, was eine umfassende Betreuung des betreuungsintensiven Kindes erschwerte.
Das Bundesgericht kritisierte, dass das Kantonsgericht wesentliche Faktoren nicht berücksichtigt hatte, darunter die familiären Beziehungen zur Mutter und zum Bruder, die besonders wichtig sind, da der Junge aufgrund seiner Erkrankung kaum soziale Kontakte zu anderen Personen aufbauen kann. Auch die Tatsache, dass die Mutter sich um die Mahlzeiten für die Familie kümmerte, deutete darauf hin, dass das Familienleben hauptsächlich in Frankreich stattfand. Die spätere Anmietung einer größeren Familienwohnung in der Schweiz im Jahr 2024 wurde für die Beurteilung nicht berücksichtigt, da für die Entscheidung nur die Verhältnisse zum Zeitpunkt der IV-Verfügung im September 2023 maßgebend waren.