Im Oktober 2018 verursachte ein Lastwagenfahrer in Martigny einen schweren Unfall, als er mit seinem Fahrzeug (VW-Bus mit Anhänger) ohne korrekte Vorselektion nach rechts in eine Tiefgarage abbiegen wollte. Dabei kollidierte er mit einem Scooter, der auf dem Fahrradstreifen parallel zu ihm fuhr. Der Scooterfahrer wurde schwer verletzt. Nach einem mehrjährigen Strafverfahren wurde der Lastwagenfahrer der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig gesprochen.
Die Behörden entzogen dem Fahrer daraufhin den Führerausweis für zwölf Monate. Der Betroffene wehrte sich gegen diese Massnahme und forderte eine Reduktion der Entzugsdauer auf einen Monat. Er argumentierte, ihm sei lediglich eine mittelschwere und keine schwere Verkehrsregelverletzung vorzuwerfen. Das Bundesgericht folgte jedoch der Einschätzung der Vorinstanzen und bestätigte den Entzug für ein Jahr.
Das Gericht stellte fest, dass der Fahrer nicht nur unaufmerksam war, sondern grob fahrlässig handelte, indem er bewusst auf eine korrekte Vorselektion verzichtete. Er habe eine gefährliche Situation geschaffen, indem er rechts einen Freiraum von etwa 2,10 Metern (die Breite des Fahrradstreifens) liess, während er mit reduzierter Geschwindigkeit fuhr. Dies habe andere Verkehrsteilnehmer geradezu zu einem Rechtsüberholmanöver eingeladen. Der Fahrer hätte besondere Vorsichtsmassnahmen treffen müssen, etwa durch zusätzliche Kontrollen des toten Winkels oder sogar durch vollständiges Anhalten, um die Gefahrenlage zu überblicken.
Das Bundesgericht betonte, dass der Fahrer sich nicht auf das Vertrauensprinzip berufen könne, da er selbst die Verkehrsregeln verletzt habe. Auch das Mitverschulden des Scooterfahrers, der rechts überholte und ohne Führerausweis unterwegs war, ändere nichts an der schweren Schuld des Lastwagenfahrers. Die Entzugsdauer von zwölf Monaten entspreche dem gesetzlichen Minimum, da der Fahrer bereits in den vergangenen fünf Jahren einen Führerausweisentzug hatte.