Ein Anwalt, der als amtlicher Verteidiger tätig war, hat vor Bundesgericht gegen seine unzureichende Entschädigung gekämpft und gewonnen. Das Neuenburger Kantonsgericht hatte ihm für die Verteidigung seines Mandanten im Berufungsverfahren eine Entschädigung von 4'395 Franken zugesprochen, obwohl er 5'571 Franken geltend gemacht hatte. Der Anwalt argumentierte, dass das Kantonsgericht wichtige Posten seiner Honorarnote, insbesondere die Zeit für die Berufungsverhandlung von 4 Stunden und 35 Minuten sowie die Urteilsverkündung von 35 Minuten, ohne Begründung ignoriert hatte.
Das Bundesgericht stellte fest, dass die Richter eines Falles zwar einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Entschädigung für amtliche Verteidiger haben. Sie müssen dabei Faktoren wie Art und Bedeutung des Falls, Schwierigkeitsgrad, Zeitaufwand, Qualität der Arbeit und Anzahl der Verhandlungen berücksichtigen. Allerdings dürfen sie nicht willkürlich entscheiden oder Tätigkeiten ignorieren, die unbestreitbar zur Aufgabe eines Pflichtverteidigers gehören.
Im vorliegenden Fall befand das Bundesgericht, dass das Kantonsgericht durch das Weglassen der Verhandlungs- und Urteilsverkündungszeiten ohne jegliche Begründung sowohl Artikel 135 der Strafprozessordnung verletzt als auch das rechtliche Gehör des Anwalts missachtet hatte. Das Bundesgericht hob daher die Entscheidung auf und wies den Fall an das Kantonsgericht zurück, damit dieses die Entschädigung unter Berücksichtigung der übersehenen Verhandlungszeiten neu festlegt. Die Gerichtskosten wurden dem Kanton Neuenburg auferlegt, der dem Anwalt zudem eine Entschädigung von 1'000 Franken für das bundesgerichtliche Verfahren zu zahlen hat.