Eine Anwältin, die als amtliche Verteidigerin eines Mandanten tätig war, wollte die Höhe ihrer Entschädigung von 53.000 Franken anfechten. Nachdem sie zunächst nur im Namen ihres Klienten Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bülach angemeldet hatte, reichte sie später auch in eigenem Namen eine Berufungserklärung ein, um ihre Entschädigung anzufechten. Das Zürcher Obergericht trat auf ihre Berufung nicht ein, da sie keine rechtzeitige Berufungsanmeldung in eigenem Namen eingereicht hatte.
Auch ihr zweiter Versuch, über eine Anschlussberufung zur Hauptberufung ihres eigenen Mandanten vorzugehen, scheiterte. Das Obergericht argumentierte, dass die Anwältin als amtliche Verteidigerin keine Partei im Verfahren sei und deshalb keine Anschlussberufung erheben könne. Zudem würde dies zu einem Interessenkonflikt führen, da sie ein Interesse daran hätte, dass ihr Mandant seine Hauptberufung nicht zurückzieht.
Das Bundesgericht bestätigte beide Entscheidungen des Obergerichts. Es stellte klar, dass die amtliche Verteidigung zwar berechtigt ist, ihre Entschädigung anzufechten, dabei aber den üblichen Verfahrensweg einhalten muss. Die seit 2024 geltende Gesetzesrevision habe lediglich den Rechtsweg vereinheitlicht, aber nicht die Stellung der amtlichen Verteidigung im Rechtsmittelverfahren neu definiert. Die Anwältin hätte klar erkennbar in eigenem Namen Berufung anmelden müssen, was sie versäumt hatte. Für eine Anschlussberufung sei sie als Verfahrensbeteiligte und nicht als Partei nicht legitimiert.