Im Zuge des durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten Börsencrashs im März 2020 entstand zwischen einer Bank und einem Emittenten strukturierter Produkte ein Streit über die Abwicklung sogenannter Mini-Futures. Nach dem Verfall dieser Produkte hatte ein Kundenberater der Bank den Emittenten angewiesen, die zugehörigen Absicherungspositionen nicht zu schließen, sondern für neue Produkte offenzuhalten. Als die Kurse abstürzten, entstanden dem Emittenten Verluste von über 13 Millionen Dollar, die er von der Bank zurückforderte.
Die Bank argumentierte, ihr Kundenberater habe keine Vertretungsbefugnis gehabt, da er nur über eine Kollektivunterschrift zu zweien verfügte. Zudem behauptete sie, der Kundenberater habe in Absprache mit einem Mitarbeiter des Emittenten strafbare Handlungen begangen. Das Handelsgericht Zürich und nun auch das Bundesgericht wiesen diese Einwände jedoch zurück.
Das Bundesgericht bestätigte, dass der Kundenberater über eine sogenannte Anscheinsvollmacht verfügte, die die Bank verpflichtete. Entscheidend war, dass die Bank über Jahre hinweg hunderte ähnliche Geschäfte des Kundenberaters mit demselben Emittenten anstandslos abgewickelt hatte. Der Emittent durfte daher in gutem Glauben darauf vertrauen, dass der Kundenberater auch für das strittige Geschäft bevollmächtigt war. Die Bank muss nun dem Emittenten 13,4 Millionen Dollar plus Zinsen erstatten – eine teure Lektion über die Risiken unzureichender interner Kontrollen im Finanzhandel.