Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein 63-jähriger Österreicher, der in Martigny geboren wurde und sein ganzes Leben in der Schweiz verbracht hat, vom Kanton Wallis nicht abgewiesen werden darf. Die Walliser Behörden hatten dem Mann den Kantonswechsel von Genf ins Wallis verweigert, weil er Sozialhilfe bezieht. Nach einem Wohnungsverlust in Genf war er 2022 nach Martigny zurückgekehrt, wo eine seiner Schwestern ihn aufnehmen konnte.
In seinem Urteil kritisierte das Bundesgericht die Walliser Behörden scharf. Diese hatten in ihrer Verhältnismässigkeitsprüfung lediglich berücksichtigt, dass der Mann nach Genf zurückkehren könnte, nicht aber, dass ihm theoretisch auch ein Wegweisungsverfahren nach Österreich drohen könnte. Das Gericht betonte, dass der Mann in der Schweiz geboren wurde, hier seine ganze Familie lebt und er keinerlei Bindungen zu Österreich hat. Zudem spreche er nicht einmal die Sprache des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
Ausschlaggebend war auch, dass die Sozialhilfeschuld des Mannes mit knapp 18'000 Franken vergleichsweise gering ausfiel. Die Richter betonten, dass der Mann bis zu seinem 57. Lebensjahr gearbeitet hatte und erst dann arbeitslos wurde. Seine gute Integration und sein soziales Engagement, etwa beim Transport von Menschen mit Behinderungen, sprachen ebenfalls für ihn. Eine Verweigerung des Kantonswechsels wäre unter diesen Umständen unverhältnismässig gewesen und hätte "das Gerechtigkeitsempfinden in schockierender Weise verletzt", so das Bundesgericht.