Ein 42-jähriger Pharmavertreter und Familienvater hatte sich im November 2016 in seinem Haus das Leben genommen. Der Mann litt an wiederkehrenden Depressionen und hatte vier Tage vor seinem Tod vom Psychiater das Antidepressivum Citalopram verschrieben bekommen. Die Suva verweigerte seiner Witwe und den beiden Kindern Hinterbliebenenleistungen mit der Begründung, der Suizid sei freiwillig erfolgt.
Das kantonale Gericht gab der Familie jedoch recht und stützte sich dabei auf ein pharmakologisches Gutachten. Dieses kam zum Schluss, dass das Medikament aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer in der Anfangsphase der Behandlung das Suizidrisiko erheblich steigern kann. Der Gutachter hielt es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Mann zum Zeitpunkt der Tat nicht urteilsfähig war. Besonders aussagekräftig war, dass der Verstorbene bereits früher negativ auf ein ähnliches Antidepressivum reagiert hatte und am Tag vor seinem Tod plötzliche Verhaltensänderungen zeigte.
Das Bundesgericht bestätigte das Urteil und stellte klar, dass ein Suizid nur dann als versicherter Unfall gilt, wenn er in einem Zustand völliger Urteilsunfähigkeit begangen wurde. Für die Anerkennung als Unfall muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine psychische Erkrankung oder schwere Bewusstseinsstörung vorliegen, die zu psychopathologischen Symptomen wie Wahnvorstellungen oder akuten Erregungszuständen führt. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass das Medikament nachweislich die Fähigkeit des Mannes beeinträchtigte, die Konsequenzen seiner Handlungen zu erkennen.