Das Bundesgericht hat in einem wegweisenden Entscheid die Grenzen automatisierter Entscheidungsfindung im Schweizer Gesundheitswesen definiert. Ein Versicherter hatte sich dagegen gewehrt, dass seine Krankenkasse mittels eines Algorithmus über die Kostenübernahme medizinischer Leistungen entschied, ohne dass ein Mensch den Fall individuell prüfte. Der Mann forderte Einblick in die Funktionsweise des Systems und machte geltend, dass die automatisierte Bearbeitung seiner Daten gegen das Datenschutzgesetz verstosse.
Die Richter in Lausanne stellten klar, dass Versicherte grundsätzlich ein Recht darauf haben, nicht ausschliesslich einer automatisierten Einzelentscheidung unterworfen zu werden, wenn diese rechtliche Wirkung entfaltet oder sie erheblich beeinträchtigt. Die Krankenkasse muss bei Einsatz solcher Systeme ausreichende Schutzmassnahmen vorsehen, etwa die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt darzulegen oder die Entscheidung durch einen Menschen überprüfen zu lassen. Zudem haben Betroffene ein Auskunftsrecht über die Logik, die einer automatisierten Entscheidung zugrunde liegt.
Das Gericht betonte die wachsende Bedeutung algorithmischer Entscheidungssysteme im Gesundheitswesen und die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Herausforderungen. Insbesondere bei sensiblen Gesundheitsdaten müsse die Transparenz gewährleistet sein. Der Fall wurde zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen, da diese wichtige Aspekte des Datenschutzrechts nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Die Krankenkasse muss nun darlegen, inwiefern ihr System den gesetzlichen Anforderungen entspricht und welche Schutzmassnahmen sie implementiert hat.
Mit diesem Urteil schafft das Bundesgericht Klarheit in einem zunehmend relevanten Bereich: Während digitale Lösungen und künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen Effizienzgewinne versprechen, müssen die Persönlichkeitsrechte der Versicherten gewahrt bleiben. Der Entscheid dürfte über den Einzelfall hinaus Signalwirkung haben und Leitplanken für den Einsatz von Algorithmen bei Krankenkassen und anderen Institutionen setzen, die über Leistungsansprüche entscheiden.