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2025-06-20
Scheidungsstreit: Muss Ehefrau nach Trennung Vollzeit arbeiten?
Ein Genfer Ehemann forderte vor Gericht, dass seiner Frau nach der Trennung ein höheres Einkommen angerechnet wird. Das Bundesgericht gab ihm teilweise Recht und verwies den Fall zurück ans kantonale Gericht.
Urteil publiziert am: 2025-06-20

Im Zentrum des Rechtsstreits zwischen einem seit 2019 getrennt lebenden Ehepaar stand die Frage, ob die Ehefrau nach der Trennung zu einer Vollzeitbeschäftigung verpflichtet werden kann. Der Ehemann hatte 2021 die Scheidung eingereicht und wehrte sich gegen die Höhe der Unterhaltszahlungen, die er an seine Frau und den jüngsten Sohn leisten sollte. Besonders umstritten war, ob der Ehefrau, die als Pflegehilfskraft mit einem 80%-Pensum arbeitete, ein hypothetisches Einkommen für eine 100%-Stelle angerechnet werden sollte.

Das Bundesgericht hob die Entscheidung des Genfer Kantonsgerichts teilweise auf und verwies den Fall zurück. Die Richter stellten klar, dass nach der Rechtsprechung von einem Elternteil grundsätzlich erwartet werden kann, zu 100% zu arbeiten, sobald das jüngste Kind 16 Jahre alt ist – was hier bereits 2020 der Fall war. Das Kantonsgericht hatte diese Frage nicht ausreichend geprüft und die Entscheidung auf das Hauptverfahren verschoben, was das Bundesgericht als willkürlich einstufte.

Die Unterhaltsbeiträge für den inzwischen volljährigen Sohn wurden hingegen bestätigt. Das Bundesgericht wies zudem die Forderung des Vaters zurück, Direktzahlungen an den Sohn von den Unterhaltszahlungen abziehen zu können, da diese Kosten bei der Berechnung des Unterhalts nicht berücksichtigt worden waren. Das Kantonsgericht muss nun neu prüfen, ob der Ehefrau tatsächlich ein höheres Einkommen angerechnet werden kann und die Unterhaltszahlungen entsprechend anpassen.

Das Bundesgericht hat das Orginalurteil publiziert am: 2025-06-20
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Urteilsnummer: 5A_747/2023