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2025-06-12
Postverlängerung schützt nicht vor Fristablauf bei Gerichtspost
Ein Unternehmer verliert seinen Prozess, weil er die Berufungsfrist verpasst hat. Das Bundesgericht bestätigt, dass die Verlängerung der Abholfrist bei der Post die gesetzliche Zustellfiktion nicht aufhebt.
Urteil publiziert am: 2025-06-12

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines wegen Buchhaltungsdelikten verurteilten Unternehmers abgewiesen, der seine Berufungsfrist verpasst hatte. Der Mann war vom Bezirksgericht Lausanne zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 80 Franken sowie einer Busse von 900 Franken verurteilt worden. Als ihm das schriftlich begründete Urteil per Einschreiben zugestellt wurde, verlängerte er die Abholfrist bei der Post bis zum 1. August 2024 und holte das Schreiben erst am 31. Juli ab.

Das Kantonsgericht Waadt erklärte seine Berufung für unzulässig, da die gesetzliche Abholfrist von sieben Tagen am 19. Juli abgelaufen war und die Berufungsfrist von 20 Tagen somit am 9. August endete. Die vom Verurteilten erst am 20. August eingereichte Berufungsschrift war damit verspätet. Der Mann argumentierte vor Bundesgericht, dass ihm weder die Gerichte noch die Post mitgeteilt hätten, dass die Verlängerung der Abholfrist keine Auswirkung auf die Berufungsfrist habe.

Das Bundesgericht hält in seinem Urteil fest, dass die Gerichte nicht verpflichtet sind, über diese Rechtslage zu informieren. Die Zustellfiktion, wonach ein Dokument nach sieben Tagen als zugestellt gilt, sei im Strafprozessrecht klar geregelt. Die Richter betonten, dass die strikte Anwendung von Fristen der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit diene. Auch die vom Beschwerdeführer geforderte Ablehnung einer Richterin, die in einem anderen Verfahren gegen ihn entschieden hatte, wies das Gericht zurück, da keine objektiven Anzeichen für Befangenheit vorlagen.

Das Bundesgericht hat das Orginalurteil publiziert am: 2025-06-12
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Urteilsnummer: 6B_892/2024